Hybride Settings – Einblicke in zwei Perspektiven

Hybride Settings – Einblicke in zwei Perspektiven

24. November 2020 0 Von ESbloG

Am Mittwoch, den 18.11. hatten wir unsere erste hybride P6 Sitzung. Wir würden euch gerne unsere Erfahrungen aus zwei Perspektiven mitteilen, weil diese unserer Meinung nach für den hybriden Unterricht nutzbar sein könnten.

Unsere Idee ist, beide Perspektiven zu kontrastieren: Kai schreibt aus der Perspektive eines Zoom Teilnehmers und Yvonne berichtet als der Sicht einer Präsenzteilnehmerin, die die hybride Sitzung geleitet hat.

Kai: Aus der Distanz an einem Meeting teilzunehmen heißt teilweise auch, dass man die Distanz spürt. Anders als bei einem Meeting, bei dem alle die gleichen Voraussetzungen haben, kann man recht deutlich den Fokus der Moderator*innen auf den Raum wahrnehmen. Man wird Beobachter. Beim „hybriden“ Setting geht es darum, aus dieser Beobachterrolle in eine Teilnehmerrolle zu kommen. Mit der Möglichkeit vor Augen, dass wir uns aber in den kommenden Wochen an den Gedanken gewöhnen müssen, immer häufiger und immer mehr in „hybriden“ Settings zu arbeiten, müssen wir uns mit der Frage auseinandersetzen, wie solche Settings gelingen können. 

Yvonne: Als Moderator*in ist man dreifach gefordert: die Teilnehmer*innen im Zoom haben aufgrund von Interferenzen ihre Mikros ausgeschaltet und können daher nicht so spontan reagieren wie die Präsenzteilnehmer*innen. Darüber hinaus sieht und spürt man die Präsenzteilnehmer*innen und reagiert direkt auf spontane Äußerungen und hat dabei nicht immer den Blick auf die Teilnehmer*innen im Zoom. 

Kai: Ich würde gerne festhalten, dass Moderator*innen nichts falsch machen, wenn sie sich mit den Leuten im Raum beschäftigen. Wir müssen damit leben, dass Moderator*innen, wenn sie Sitzungen leiten, sowohl den inhaltlichen Rahmen als auch den Beziehungsrahmen im Raum gestalten müssen. Die Herausforderung des „hybriden“ Settings ist es, die virtuell anwesenden Teilnehmer*innen einzubinden und ihnen die Möglichkeit zur Interaktion zu geben. Hierzu muss ein Bewusstsein entstehen, dass diese nicht nur virtuell, sondern real Teil der Konferenz oder des Meetings sind, aber andere „Bedürfnisse“ haben.

Yvonne: Es ist schwierig, als Moderator*in alle diese Bedürfnisse zu erfüllen, weil man gleichzeitig die Teilnehmer*innen auf dem Bildschirm und diejenigen im realen Raum im Blick haben muss. Die Personen im realen Raum interagieren schneller miteinander und nehmen die Teilnehmer*innen auf dem Bildschirm nicht in gleicher Weise wahr. Daher sind wir zu Erkenntnis gekommen, dass es einer zweiten Person bedarf, die nur Bildschirm und realen Raum im Blick hat und die Reihenfolge der Redebeiträge koordiniert.

Kai: Es muss eine erkennbare Rednerliste geben. Virtuell Teilnehmende geraten schnell aus dem Blick, wenn es keine gewissenhaft geführte Rednerliste gibt. Haben es doch räumlich Anwesende wesentlich leichter, sich bemerkbar zu machen oder scheinbar natürlich in ein Seitengespräch einzusteigen. Wie sich anhand der Akustik aus dem Lautsprecher zeigt: Weder das aufnehmende Mikrofon im Raum noch die Soundkarte sind große Freunde des akustischen Durcheinanders. Darum scheint mehr Gesprächsdisziplin nötig zu sein als wir es gewohnt sind. 

Yvonne: Das von Kai angeführte akustische Chaos merkt man natürlich im Präsenzraum nicht, d.h. die Teilnehmer*innen im Präsenzraum müssen viel mehr Rücksicht nehmen und darauf achten, dass der Aggression- bzw. Frustrationspegel der Teilnehmer*innen im Zoomraum nicht steigt.

Kai: Das stimme ich zu: Moderation funktioniert nicht als Einzelarbeit, eine stellvertretende Sitzungsleitung/Assistenz ist nötig. Beispielsweise besteht in Zoom die Möglichkeit, über den allgemeinen Chat eine Meldung dauerhafter und übersichtlicher deutlich zu machen als über die „Hand heben“-Funktion. Wer aber eine Sitzung leitet, sollte nicht allzu häufig mit dem Blick im Bildschirm versinken, um die Rednerliste zu ergänzen. Je nach Positionierung des Bildschirms/der Kamera könnte das ohnehin problematisch werden (Dem Raum den Rücken zudrehen o.Ä.).

Yvonne: Das kann ich nur bestätigen. Der Stresslevel seitens der Moderation steigt enorm, weil es unmöglich ist, allen Anforderungen zu entsprechen. 

Kai: Man sieht einander nicht. Anders als die Teilnehmer*innen am heimischen Endgerät, auf die eine Kamera gerichtet ist, können sich Teilnehmer*innen im Raum im toten Winkel der Kamera befinden. Es ist ein vergleichsweise kleines Problem, dennoch kann es irritieren, wenn „Stimmen aus dem Off“ zu hören sind. 

Yvonne: Die Teilnehmer*innen im Präsenzraum sehen aber alle Teilnehmer*innen auf einem Bildschirm, in unserem Fall auf iPad und auf meinem Rechner und geben sich leicht der Illusion hin, dass man sich gegenseitig sieht und entsprechend reagieren kann.

Kai: Hybride Settings sind verwirrend. Vielleicht ist das nur am Anfang so, aber mir drängt sich der Eindruck auf, dass es, sicherlich auch bedingt durch die im Vergleich zum Konferenzraum bessere Auswahl an Alternativangeboten am heimischen Schreibtisch, schwieriger ist, den Zugang zum Inhalt eines hybriden Meetings zu finden, insbesondere, wenn die Diskussion im Raum den Eindruck erweckt, als sei schon Vieles vorab geklärt und besprochen worden. Wegen der einfachen Verfügbarkeit von „Präsentationsmedien“ im sowieso digitalen Raum, wäre daher eine Visualisierung von Tagesordnungen, Themen, Zusammenfassungen etc. sehr hilfreich.

Yvonne: Die Visualisierung ist schwieriger als in Präsenz, da dadurch die Teilnehmer*innen im Zoom visuell noch mehr verschwinden. Der Versuch, ein im Vorfeld erstelltes Padlet als Visualisierung und gleichzeitig als Protokoll der besprochenen Aspekte zu nutzen, hat nicht den gewünschten Effekt gehabt. Das hätte zu Beginn der Sitzung von Seiten der Moderation deutlicher herausgestellt werden sollen.